Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Am letzten Montag haben wir über 300 Unterschriften bei der Staatskanzlei eingereicht, damit wir an den Nationalratswahlen teilnehmen dürfen. Beim Sammeln dieser Unterschriften habe ich festgestellt, dass viele Leute die Piratenpartei nicht kennen oder Fragen haben. Woher kommen wir? Was wollen wir? Warum sollte man uns wählen?
Eine ausführliche Antwort auf diese Fragen würde mindestens ein Buch füllen. Darum mach ich es hier kurz, knackig und leserfreundlich.
Woher kommen wir?
Wer hat noch nie, legal oder illegal, Musik oder Filme über das Internet runtergeladen oder geteilt? Die Musik- und Filmindustrie hatte unter diesem Phänomen neue Vertriebswege zu entwickeln, kämpft aber auch mit harten Bandagen, lobbiert für die Kriminalisierung des Downloads von Musik und anderen Medien und hat den Begriff der „Piraten“ in diesem Zusammenhang neu aufgelegt. „Nicht mit uns!“ dachten sich einige junge Schweden im Jahr 2006, kaperten den Begriff der „Piraten“ und gründeten kurzerhand die Piratenpartei („Piratpartiet“). Informationen sollten frei sein, Wissen und Kultur als immaterielle Werte nicht den herkömmlichen Eigentumsregeln unterliegen. Der Rest ist Geschichte: Die Piratpartiet wuchs rasant, es gründeten sich Piratenparteien in anderen Ländern (heute über 30!) sowie internationale Dach- und Koordinationsorganisationen, 2009 wurde eine Piratenpartei in der Schweiz gegründet und seit 2011 sind wir mit einer eigenen Sektion im Kanton St. Gallen und beiden Appenzell vertreten (vgl. Wikipedia).
Was wollen wir?
Gemeinsame Kernthemen aller Piratenparteien sind die Stärkung der Bürgerrechte, die Forderung nach einer starken direkten Demokratie und nach weitgehenden Mitbestimmungsrechten des Menschen, die Reform des Urheber- und Patentrechts, die Informationsfreiheit, der freie Austausch von Wissen („open access“), die Achtung der grund- und menschenrechtlich geschützten Privatsphäre und ein starker und griffiger Datenschutz, eine freie Bildung und eine höchstmögliche Transparenz des Staates (vgl. Wikipedia). Die Schweizer Piraten sind nicht bei diesen Themen stehen geblieben, sondern haben inzwischen auch Positionen in anderen Bereichen gefasst. Dabei stand immer eine gesellschaftsliberale, den Menschen im Zentrum wissende, Haltung im Vordergrund. Doch was heisst das auf Deutsch?
Würden wir in den Nationalrat gewählt, würden wir uns für solche und ähnliche, nicht abschliessend aufgezählte, Dinge stark machen:
- Der Staat soll nicht wissen, wann, mit wem, wie lange und wo du mit deinem Handy telefoniert telefoniert hast. Das geht ihn schlicht nichts an! Auch der Geheimdienst soll nicht deinen Computer hacken dürfen, um zu schauen, was du zu verbergen hast.
- Die Schweiz soll die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nicht künden. Nur dank ihr hast du heute z.B. das Recht, an ein Gericht zu gelangen, wenn du mit dem Entscheid einer Behörde nicht zufrieden bist. Vor dem Beitritt zur EMRK war das nicht in allen Verfahren so.
- Jeder Pirat wird sich im Parlament mit Händen und Füssen wehren, wenn wieder einmal „Killerspiele“ verboten werden sollen. Wir glauben, dass Gamer ganz gut zwischen Fantasie und Realität unterscheiden können. Es gibt auch keine wissenschaftlichen Beweise, dass das Spielen solcher Games z.B. Amokläufe an Schulen auslösen könnte. Das ist Humbug.
- Findest du es auch daneben, dass du in St.Gallen beim Einkaufen vier bis fünf Mal höhere Preise bezahlst, als wenn du dieselben Produkte in Konstanz kaufst? Wir möchten, dass der Markt möglichst frei ist und es z.B. keine Zölle oder andere Importbeschränkungen mehr gibt, welche die Preise in der Schweiz verteuern.
- Du ärgerst dich wieder einmal, dass die Bücher für dein Studium oder für die Schule so teuer sind? Oder dass die Studiengebühren schon wieder gestiegen sind? Wir finden, Bildung sollte, auch auf Hochschul- und Universitätsniveau, gratis sein. Auch Schulbücher und andere Lernmaterialien sollen gratis sein. Solche Dinge sind schliesslich schon durch die Steuern finanziert!
- Du kiffst und es war dir schon immer ein Dorn im Auge, dass Alkohol und Tabak legal sind, Cannabis aber nicht? Unlogisch, oder? Finden wir auch! Ab 18 Jahren soll man legal kiffen dürfen!
Du möchtest wissen, was wir sonst noch vertreten? Schau doch in unser Wahlprogramm.
Warum uns wählen am 18. Oktober?
Ganz einfach. Du darfst uns wählen, weil du uns cool findest. Oder weil du unsere Anliegen unterstützt. Oder weil du uns eine Chance geben willst, uns zu beweisen. Oder weil wir erfrischende, neue Ideen haben und uns nicht an Altbewährtes klammern. Oder weil wir uns für dich einsetzen und die heimlichen „Einflüsterer“ namens Lobbyisten in der Wandelhalle zum Frühstück verspeisen. Oder weil wir dir ehrlich sagen, wieviel an Wahlkampfspenden wir bekommen haben (0).
Warum wirst du uns wählen (oder eben nicht)? Schick uns dein Votum an vorstand@sg.piratenpartei.ch oder via Twitter an @PiratenSG. Es interessiert uns!
Falls du bis hierhin gelesen hast, danke ich dir für dein Interesse!
Severin Bischof, Nationalratskandidat & Präsident PPSGARAI
Kommentare
4 Kommentare zu Vote Pirate! …aber warum eigentlich?
Es können keine neuen Kommentare mehr abgegeben werden.